Was ist die JIA - lächelndes junges Mädchen - Rheumahelden

Was ist Juvenile Idiopathische Arthritis (JIA)?

Der Londoner Kinderarzt George Frederic Still veröffentlichte 1897 eine wissenschaftliche Abhandlung zur Definition und Klassifikation der chronischen Gelenkentzündung im Kindesalter. Seitdem fanden verschiedenen Namen (z. B. Morbus Still, Still‘sche Krankheit, Kinderrheuma, juvenile rheumatoide Arthritis, juvenile chronische Arthritis) für die Beschreibung der chronischen Arthritis im Kindesalter Verwendung.

 

Der Begriff „Juvenile Idiopathische Arthritis“ (JIA) setzt sich aus folgenden Einzelbegriffen zusammen:

Juvenil = Kinder und Jugendliche (Erkrankungsbeginn vor Vollendung des 16. Lebensjahres)

Idiopathisch = unbekannte Ursache

Arthritis = Gelenkentzündung

 

JIA ist eine chronische Autoimmunerkrankung, bei der sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper – hauptsächlich gegen die Gelenke – richtet. Sie liegt vor, wenn die Gelenkentzündung mindestens sechs Wochen andauert und andere Ursachen ausgeschlossen werden konnten.

Die Klassifikation der JIA erfolgt nach Ablauf der ersten sechs Monate der Erkrankung und richtet sich nach der Anzahl der betroffenen Gelenke und nach den Symptomen außerhalb der Gelenke. Es werden sieben JIA-Untergruppen unterschieden, dazu zählen die systemische JIA (sJIA), die polyartikuläre JIA (pJIA) und die oligoartikuläre JIA (oJIA).

Die systemische juvenile idiopathische Arthritis (sJIA) ist eine seltene und zugleich die schwerste Form der JIA. Etwa 6 % aller JIA-Patienten sind von der sJIA betroffen – Jungen ebenso häufig wie Mädchen.

Die sJIA ist neben einer Gelenkentzündung (Arthritis) durch systemische Symptome gekennzeichnet, bei der das „gesamte System“ Körper in Mitleidenschaft gezogen wird. Sowohl die Gelenkbeschwerden als auch die systemischen Beschwerden können im Verlauf sehr variabel ausgeprägt sein.

Die sJIA beginnt mit hohem Fieber (über 39 °C), Hautausschlag (Exanthem) und Gelenkentzündungen. Möglich sind auch Entzündungen innerer Organe.

Das Fieber tritt typischerweise mit ein bis zwei Fieberspitzen täglich auf. Zu Beginn der Erkrankung wird der Hautausschlag zumeist an den Gliedmaßen und am Rumpf beobachtet, weniger häufig am Gesicht, Nacken, den Handflächen und Fußsohlen. Der Hautausschlag kann wenige Minuten oder Stunden andauern, ist in den meisten Fällen nicht mit Juckreiz verbunden und steht mit den akut fieberhaften Episoden im Zusammenhang.

Nicht selten ist bei Beginn der Erkrankung noch keine Gelenkentzündung (Arthritis) erkennbar und der Arthritis können zunächst Gelenkschmerzen vorausgehen. Am häufigsten sind bei Krankheitsbeginn die Handgelenke, Knie und Knöchel betroffen.

Zu den möglichen systemischen Symptomen zählen Lymphknotenschwellungen sowie Leber- und/oder Milzvergrößerung. Entzündungen innerer Organe können den Herzbeutel (Perikarditis), das Brustfell (Pleuritis) und das Bauchfell (Peritonitis) – in seltenen Fällen auch die Regenbogenhaut des Auges (Uveitis) – betreffen.

Die polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis (pJIA) betrifft mindestens fünf Gelenke (= polyartikulär) in den ersten sechs Krankheitsmonaten. Am häufigsten sind die kleinen Gelenke, wie zum Beispiel die Hand- und Fußgelenke betroffen. Ein symmetrischer Gelenkbefall ist typisch. Unterschieden werden zwei Formen der Erkrankung:

 

– Seronegative Polyarthritis: in den ersten sechs Monaten der Krankheit werden keine Rheumafaktoren nachgewiesen

– Seropositive Polyarthritis: in den ersten sechs Monaten werden bei zwei Untersuchungen im Abstand von mindestens drei Monaten Rheumafaktoren nachgewiesen

 

Insgesamt sind etwa 15 % aller JIA-Patienten von der pJIA betroffen. Die folgende Tabelle zeigt einige Charakteristika der beiden pJIA-Formen.

 

  Seronegative Polyarthritis Seropositive Polyarthritis
Definition Entzündung in fünf oder mehr Gelenken (= polyartikulär) in den ersten sechs Krankheitsmonaten – ohne Nachweis von Rheumafaktoren Entzündung in fünf oder mehr Gelenken (= polyartikulär) in den ersten sechs Krankheitsmonaten – mit Nachweis von Rheumafaktoren bei zwei Untersuchungen im Abstand von mindestens drei Monaten
Wer ist betroffen? – 13 % aller JIA Patienten

– Mädchen etwas häufiger betroffen als Jungen

– 2 % aller JIA Patienten

– Mädchen sind viel häufiger betroffen als Jungen

– Überwiegend Mädchen ab der Pubertät

Gelenkbefall  

– Symmetrisch, einschließlich Kiefergelenke und Halswirbelsäule

– Große und kleine Gelenke sind gleichermaßen betroffen

– Sehnenscheidenentzündungen werden beobachtet

– Morgensteifigkeit ist typisch, aber nicht in jedem Fall vorhanden

 

– Betrifft in erster Linie überwiegend symmetrisch die Hand- und Fingergelenke sowie die Fußgelenke

– Seltener sind die Kniegelenke, Ellenbogen- und Schultergelenke betroffen

Sehnenscheidenentzündungen und Rheumaknoten können auftreten

– Oft besteht eine ausgeprägte Morgensteifigkeit

Verlauf – Manchmal schleichender Verlauf

– Bewegungseinschränkungen und Fehlstellungen können entstehen

– Beginnt oft schleichend

– Schnell auftretende knöcherne Veränderungen à ungünstige Langzeitprognose

– Häufig starke Bewegungseinschränkungen

Symptome außerhalb der Gelenke – Entzündung der Regenbogenhaut des Auges (Uveitis) kann auftreten

– Nicht in jedem Fall liegen Entzündungszeichen vor (Anämie, Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und C-reaktives Protein (CRP))

– Leistungsminderung, Müdigkeit, leicht erhöhte Temperatur, Gewichtsverlust, Wachstumsverzögerung

– Eine chronische Entzündung der Regenbogenhaut des Auges (Uveitis) wird bei der seropositiven Polyarthritis nicht beobachtet

– Entzündungswerte im Blut (Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und C-reaktives Protein (CRP)) sind erhöht

– Leistungsminderung, Müdigkeit, leicht erhöhte Temperatur, Gewichtsverlust, Wachstumsverzögerung

– Nachweis von antinukleären und CCP-Antikörpern

Bei einer oJIA sind in den ersten sechs Krankheitsmonaten maximal vier Gelenke befallen (oligo = wenig). Kommt es danach zu einer Erweiterung der Erkrankung auf mehr als vier Gelenke, wird die JIA als „erweiterte Oligoarthritis“ klassifiziert. Ungefähr 52 % aller JIA-Patienten sind an einer oJIA erkrankt, wobei Mädchen etwas häufiger betroffen sind als Jungen.

Die Erkrankung kann sowohl langsam fortschreitend als auch in Schüben verlaufen. Typische Symptome sind warme und geschwollene Gelenke sowie Morgensteifigkeit. Häufig betroffene Gelenke sind die großen Gelenke wie Knie-, Sprung-, Ellenbogen- und Schultergelenke. Kleine Gelenke sind eher selten betroffen.

Es besteht die Möglichkeit, dass sich die oJIA auf die Augen ausweitet (Uveitis) und unbehandelt sogar bis zur Erblindung führen kann. Deswegen sind regelmäßige augenärztliche Untersuchungen ratsam.

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt, dass Sie mit Ihrem Kind einen Arzt aufsuchen sollten, wenn Sie eines oder mehrere dieser Symptome bei Ihrem Kind bemerken:

– Angeschwollene(s) Knie

– Schwellung, Schmerzen, Überwärmung eines oder mehrerer Gelenke

– Hinken, Laufverweigerung, ungewöhnliches Greifen

– Kleinkind ist schon gelaufen, will aber wieder getragen werden

– Entzündung der Regenbogenhaut (Iris) des Auges

– Unklare, länger andauernde Hautausschläge mit oder ohne Fieber

– Fieberschübe unklarer Ursache

– Bei Schulkindern Fersen- oder unklare Rückenschmerzen

– Minuten bis Stunden andauernde „Morgensteifigkeit“ von Gelenken

 

Quellen:

https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsT/rheumatische_erkr.pdf?__blob=publicationFile

https://www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/juvenile-idiopathische-arthritis-jia-juvenile-chronische-arthritis-jca/was-ist-eine-juvenile-idiopathischechronische-arthritis/

https://www.kinderrheuma.com/index.php?page=medizinische-aspekte

https://www.rheumaliga.ch/rheuma-von-a-z/juvenile-idiopathische-arthritis

https://www.marien-hospital-witten.de/fachabteilungen/kinder-und-jugendklinik/kinder-rheumatologie/juvenile-idiopathische-arthritis/juvenile-idiopathische-oligoarthritis.html